Verbrechen auf Rädern
Delaunay Belleville von 1908 – Das erste Fluchtauto überhaupt
Der 21. Dezember 1911 gilt als die Geburtsstunde des Fluchtwagens. An diesem Tag wurden in der Pariser Rue d'Ordemer ein Geldbote und ein Sicherheitsmann von Schüssen niedergestreckt. Ein Mitglied der sogenannten „Bonnot-Bande“ griff sich den Beutel des Boten, dann raste der Delaunay Belleville in hohem Tempo davon. Für die französische Polizei gestaltete sich die Verfolgungsjagd als ausgesprochen schwierig, sie verfügte landesweit gerade einmal über vier Kraftwagen und konnte vor Ort nur auf Pferde oder Fahrräder zurückgreifen. Die Dienstanweisung, wonach die Reifen fliehender Automobilisten mit dem Dienstsäbel zu zerstechen seien, erwies sich gleichfalls als ziemlich unpraktikabel.
Das Auto, das den Ersten Weltkrieg auslöste – Der verhängnisvolle Stopp des Gräf & Stift
Das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich am 28. Juni 1914 geschah, als sein offener Gräf & Stift Doppel-Phaeton durch Sarajevo fuhr. Eine erste Bombe verfehlte das Auto. Doch später stoppte der Fahrer versehentlich an der Stelle, wo der noch minderjährige serbische Nationalist Gavrilo Princip – einer von insgesamt sechs Verschwörern – wartete. Der Attentäter nutzte die Gelegenheit und erschoss Franz Ferdinand und seine Frau Sophie. Das Auto, ein Symbol des verhängnisvollen Ereignisses, wurde durch die fatale Fehlentscheidung des Fahrers zum Schauplatz des Attentats, das den Ersten Weltkrieg auslöste. Heute steht der Wagen als historische Erinnerung im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum.
Capones gepanzerter Cadillac – Vom Verbrechen bis ins weiße Haus
Gangsterboss Al Capone hatte viele Feinde. Also ließ er einen Cadillac Sedan mit allerlei Extras ausrüsten. Der Wagen wurden in Polizeifarben umlackiert, man installierte einen Empfänger für den Polizeifunk und eine Sirene. Die Scheiben wurden durch daumendickes Panzerglas ersetzt und die Karosserie mit 1,4 Tonnen Stahl verstärkt. Unter den hinteren Fenstern ließ Capone Löcher einarbeiten – um dadurch auf Verfolger schießen zu können. Der Mafiaboss hatte allerdings nur kurz Spaß an seinem Auto. 1929 wurde er verhaftet, 1931 wanderte er für elf Jahre ins Gefängnis. Sein Cadillac landete bei Franklin D. Roosevelt. Der damalige US-Präsident suchte ebenfalls ein sicheres Auto. Sein Kommentar: "Ich hoffe, Mr. Capone stört es nicht."
Futuristische Eleganz und unerschütterliche Sicherheit – Die DS, die Geschichte schrieb
Schon bei ihrer Vorstellung auf dem Pariser Autosalon 1955 wurde die Citroën DS zur Legende. Bereits 45 Minuten nach Eröffnung der Messe lagen dem französischen Hersteller 749 Bestellungen vor. Die Fachpresse überschlug sich mit Lobliedern auf das futuristische Auto, das sich schnell zu einem Liebling von Promis und Politikern entwickelte. Einer von ihnen war der französische Präsident Charles de Gaulle, dem die DS wegen ihrer ausgezeichneten Fahreigenschaften 1962 in Petit-Clamart das Leben rettete. Eine Terrorgruppe feuerte 187 Mal auf die ungepanzerte Limousine des Präsidenten. 14 Geschosse trafen das Auto, doch de Gaulle blieb unverletzt. Sein Chauffeur fuhr einfach auf den Felgen weiter.
Luxus und Tragödie – Der Lincoln, der Kennedy nicht schützen konnte
Der Lincoln Continental wurde am 22. November 1963 zur tragischen Ikone. Präsident John F. Kennedy fuhr darin mit seiner Frau Jacqueline durch Dallas, als er einem tödlichen Attentat zum Opfer fiel. Das Auto war zwar speziell für präsidiale Fahrten modifiziert worden, jedoch ohne Panzerung oder kugelsichere Scheiben. Auch das erstmals eingeführte variable Dach, das wahlweise durchsichtig oder verdeckt eingesetzt werden konnte, blieb offen. So konnte der Schütze Lee Harvey Oswald sein Ziel aus der gegenüberliegenden Texas School Book Depository gut erkennen und Kennedy erschießen. Nach dem Attentat landete der Lincoln Continental wieder beim Spezialisten, der die Limousine mit Titanplatten und kugelsicherem Glas verstärkte. Sie blieb bis 1978 im Dienst.
90 Millionen Augenpaare auf einen Ford Bronco – Die legendäre Flucht von O. J. Simpson
Es ist die erste reale Verfolgungsjagd der TV-Geschichte. 90 Millionen Zuschauer verfolgten live die aus einem Hubschrauber gefilmte Flucht des ehemaligen Football-Stars O. J. Simpson in seinem weißen Ford Bronco. Einige Sender unterbrechen dafür sogar das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft, die parallel in Chicago stattfindet oder die Endspielserie beim Basketball. Simpson galt als Hauptverdächtiger für die Ermordung seiner Exfrau Nicole Brown und deren Geliebten Ronald Goldman. Eine ganze Armada Polizeiautos verfolgte ihn, während er gemächlich über den Highway fuhr. In dem folgenden ebenfalls live übertragenen Prozess wurde Simpson zwar freigesprochen, musste nachher aber trotzdem 33,5 Millionen Dollar an die Hinterbliebenen seiner Exfrau zahlen.
Crown Vic – Amerikas ikonischstes Polizeiauto auf Straße und Leinwand
Zu guter Letzt sollte auch noch der populärste Gegenspieler zahlloser Verbrecherfahrzeuge zur Sprache kommen: Der Ford Crown Victoria Police Interceptor (1992–2011) ist längst mehr als nur ein Fahrzeug – er ist das blechgewordene Bild der amerikanischen Polizei. Über zwei Jahrzehnte hinweg war er das Rückgrat vieler Polizeibehörden in den USA und wurde auf fast jedem Highway und in nahezu jeder größeren Stadt eingesetzt. Mit seinem robusten V8-Motor, seiner Zuverlässigkeit und seiner unverkennbaren Silhouette wurde der “Crown Vic” zu einer Ikone. Durch seine allgegenwärtige Präsenz in Filmen und Serien hat sich der Wagen fest ins kollektive Gedächtnis eingebrannt – ein Auto, das auf und abseits des Bildschirms für Recht und Ordnung steht.
Illustrationen: Linus Petersen