Die klebrigen 80er
Zeitreisen in die goldene Ära der Autoaufkleber
Autofahren ist Lebensgefühl. Die Wahl des fahrbaren Untersatzes lässt Rückschlüsse auf unsere Persönlichkeit zu – ist nie reine Kopf-, sondern immer auch Bauchentscheidung. Ein Auto wird jedoch erst so richtig zu „unserem Auto“ durch die kleinen individuellen Details: der Duftbaum am Innenspiegel, der Wackeldackel auf der Hutablage und die Sticker auf dem Heck. Vor allem in den 1970er und 80er Jahren wussten wir dank zahlreicher Aufkleber auf Heckscheibe, Stoßstange und Kofferraumdeckel auf einen Blick, wer gerade vor uns im Stau stand. Hier stellen wir einige der populärsten KFZ-Sticker aus dieser Zeit vor.
Atomkraft? Nein danke.
Wer kennt sie nicht, die rote Sonne auf gelbem Grund, die noch heute auf vielen Autopopos lächelt. Das Erkennungszeichen der Anti-Atomkraftbewegung ist seit den späten 70ern einer der populärsten Autoaufkleber Deutschlands. Erfunden hat ihn übrigens eine dänische Studentin. Waren es anfangs vor allem klapprige Enten, rostige Renault 4 und bunte Bullis, auf denen der Sticker prangte; trat er schon bald seinen Siegeszug in die Mittelklasse an. Nicht zuletzt wegen eines kleinen Aufklebers wurde die Anti-Atomkraftbewegung zum gesamtgesellschaftlichen Diskurs.
Die Weissagung der Cree
Totemartige bunte Verzierungen umranken einen Text, für dessen Lektüre man schon eine längere Ampelphase oder einen stabilen Stau braucht. Der Lieblingssticker der Umweltaktivisten der 80er Jahre erfüllt so gar nicht die Kriterien eines guten Aufklebers, der ja eigentlich in Sekundenbruchteilen zu erfassen sein sollte. Trotzdem hat er sich durchgesetzt. Nur, von dem indigenen Volk der Cree-Indianer kommt die Weissagung nicht. Bis heute rätseln Experten über den Ursprung des Textes.
Heidephantasiaeuropaland
Bis heute fragt man sich, welcher Freizeitpark-Vordenker auf die absurde Idee kam, leichte Sachbeschädigung am KFZ in den Eintrittspreis zu inkludieren. Familien, die sich in müder Glückseligkeit auf den Parkplatz zurückschleppten, sahen schon von weitem den bunten Werbesticker, der, wenn alles gut lief, auf der Heckscheibe prangte. War der Klebepraktikant mal wieder etwas übereifrig, klebte Wumbo, der dicken Spaßbär aus der Heide aber auch gern auf dem Lack des Kofferraumdeckels. Da war guter Rat teuer und die Heißluftpistole Papas bester Freund.
Vogelkacke in Form von Schusswaffen
Jahrelang habe ich mich als Kind gewundert, warum so viele Fahrer die hässlichen schwarzen Flecken, die das Heck ihrer Autos verunstalten, nicht entfernen. Vogelschiss sei doch gar nicht gut für den Lack, sagte man. Irgendwann erklärte mein Vater mir, das seien Silhouetten von Nord- und Ostfriesischen Inseln. Mein Interesse war geweckt und schon bald konnte ich sie alle einwandfrei zuordnen: Kalaschnikow = Sylt, Antiker Vorderlader = Langeoog, Trommelrevolver = Spiekeroog und so weiter. Meine Begeisterung für Waffen nahm schnell wieder ab, die für Inselurlaub ist ungebrochen.
Der Traum von der Meisterschaft
In einer Zeit, in der sich selbst Schalke 04- und HSV-Anhängern beim Gedanken an den nächsten Spieltag noch ein Lächeln auf die Lippen stahl, erlaubten sich Fans noch zu träumen. Vom Sieg im Derby oder sogar von der Meisterschaft. Und wo träumt es sich am Besten? Na klar: Im Auto. Da hat Mann seine Ruhe und möchte auf gar keinen Fall gestört werden. Der Bitte-nicht-hupen-Klassiker war so etwas wie das Bitte-keine-Werbung-einwerfen am Briefkasten. Hat nicht funktioniert, aber man hat’s zumindest versucht.